Kölnbuch - Hrsg.: Claudia Honecker & Jörg Sundermeier 240 Seiten -
Geschichten - ISBN : 3-935843-54-2 Eine eigene Beschreibung des Buches wird folgen. Hier nun erstmal der Verlagstext & das Vorwort:
Köln ist die Stadt am Rhein, in der alle immer Karneval feiern und einen onkelhaften Dialekt sprechen und in der Biere aus Schnapsgläsern getrunken werden. Für andere ist die Stadt die rheinische Schwulenhochburg, das Millowitsch-Theater, die Kunststadt, BAP, der 1. FC Köln, das Belgische Viertel, Ringfest, das Schokoladenmuseum oder Kardinal Meisner. Was aber ist denn Köln nun genau? Wie hat es sich verändert?
Texte und Bilder von: Jörg-Uwe Albig, Julia Anspach, Peter O. Chotjewitz, Dietmar Dath, Clara Drechsler, Sonja Eismann, Christian Gottschalk, Lutz Gräfe, Oliver Grajewski, René Hamann, Tom Holert, Claudia Honecker, Barbara Kalender, Olaf Karnik, Felix Klopotek, Olaf Möller, Ralf Niemczyk, Cristina Nord, Ruth Oelze, Peggy Parnass, Sven von Reden, Christian Y. Schmidt, Jörg Schröder, Alexandra Spürk, Carmen Strzelecki, Katja Striethörster, Linus Volkmann und Jule Witte
Vorwort:
Man muss nur richtig zählen wollen: zwar hat die Stadt Köln bislang nur
einmal, in den Siebzigerjahren, für ein paar Monate mehr als eine
Million Einwohner gehabt, und diese Zahl seither nie mehr erreicht,
dennoch begreift sich die Stadt als Millionenstadt. Wen interessiert
schon, dass diese Einwohnerzahl 1975 nur durch eine kommunale
Gebietsreform erreicht wurde? Porz, Weiß, Sürth, Lövenich, Junkersdorf,
Auweiler – um nur einige zu nennen – wurden mal eben eingemeindet.
Kölner Viertel heißen nicht selten merkwürdig, daher passten auch diese
Namen zur Stadt.
Doch obschon also deutlich kleiner als Hamburg, Berlin oder München,
leistet sich Köln sechs verschiedene Vorwahlnummern, mit der
Zahlenfolge 0221 kommt man in Meschenich oder Rondorf nicht weiter.
Die eigentliche Hauptstadt des Rheinlandes hat guten Grund, sich
abzuheben, ist sie doch unter all den anderen Großstädten in
Deutschland die älteste. Als Colonia Claudia Ara Agrippinensis (CCAA)
wurde die Stadt Köln im Jahre fünfzig von den Römern gegründet und
konnte sich bis ins Hochmittelalter hinein, trotz Eroberung durch die
Franken und anderer historischer Wirren, ihren Platz als wichtige, wenn
nicht wichtigste deutsche Stadt bewahren.
Die Kölner Bischöfe taten das ihre, um den Reichtum und die politische
Stellung der Stadt zu erhalten, manch anderer Bischofsitz litt nicht
wenig darunter. Doch das ,Heilige Köln von Gottes Gnaden, der römischen
Kirche getreue Tochter‘, wie es vor 800 Jahren hieß, befreite sich bald
von der allzu katholischen Knechtschaft und wurde freie Reichsstadt.
Dass sich allerdings bis heute das Katholische in die Stadt und in all
ihre Bewohnerinnen und Bewohner hineingefressen hat, leugnen nicht mal
vehementeste Atheisten. Dass der Anteil bekennender Katholikinnen und
Katholiken weit unter 50% liegt, tut dabei nichts zur Sache.
Im Dreißigjährigen Krieg verdiente Köln gut am Waffenhandel, einen Teil
des Geldes reinvestierte man schlau, indem man die Truppen, die in die
Nähe der Stadt kamen, mit viel Gold davon überzeugte, woanders
herumzukriegen. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg hatte man allerdings
jeglichen Sinn für solche Taktiererei verloren, Köln, diese sich dem
Preußentum traditionell nicht gern hingebende Stadt, war
vaterlandsbesoffen wie alle anderen, auch ist außerordentlich wenig
Rühmliches über Kölns Nazizeit zu berichten. Zwar gliederte man 1976
Wesseling und damit die Degussa aus der Stadt aus, das jedoch nur unter
gerichtlichem Druck. Erst ein Jahr zuvor hatte man Wesseling begeistert
eingemeindet.
Heutzutage ist es ruhiger geworden um Köln, die Stadt gilt vielerorts
trotz ihrer Größe als Idealort provinziellen Glücks. Ein nicht geringer
Teil der Bevölkerung lebt für den, ein ebenfalls nicht geringer Teil
lebt sogar vom Karneval.
Man pflegt in Köln eine Sprache, die man nur lieben oder gar nicht
leiden kann: das Kölsch. Genauso wie die Mundart heißt das Getränk,
dass die Kölnerinnen und Kölner gern und reichlich aus winzigen
Gläschen zu sich nehmen. Kölsch und Karneval zusammen ergeben nicht
selten eine gefährliche Fröhlichkeit, die Fremde erschreckt.
Der weltberühmte Dom ist zweifelsohne ein Prachtbau und wie der Rhein
steht er symbolisch für Köln, doch bereits die so genannte Domplatte
nimmt den Touristinnen und Touristen, wenn sie denn nicht gerade aus
Paderborn oder Chemnitz kommen, jede Hoffnung.
Köln gilt als Medienstadt und beherbergt neben dem einflussreichen WDR
noch RTL und einige Büros von anderen Sendern, die Popkomm hat man zwar
verloren, dennoch versucht man sich weiter als das Popzentrum
Deutschlands zu verkaufen. Die beiden bedeutendsten Popkulturmagazine
Spex und Intro immerhin helfen dabei.
Seit dem Fall der Mauer befindet sich Köln allerdings in einem steten
Ringen mit Berlin, das zwar seinerseits nichts zu bieten hat, dennoch
oft gegen Köln gewinnt. Messen und Menschen und wandern in die
preußische Metropole ab. Dabei kann keine andere deutsche Großstadt mit
einem solchen besonderes Klima aufwarten (Kölner Bucht!). Ebenso wenig
wie sich keine andere Stadt in Deutschland sowohl als eine von
Migrantinnen und Migranten geprägte gerieren kann als auch keine
besonders auffällige rechte Szene hat.
Was also ist es, das Köln heute prägt, was hält die einen Leute hier,
warum gehen andere fort? Warum, wenn sie in der Fremde sind, finden
sich Kölnerinnen und Kölner dann wieder zu kleinen Gruppen zusammen?
Die Geschichten, Aufsätze und Bilder in diesem Buch geben einen
Einblick in Kölns Geschichte und zeigen, was Köln und seine
Bewohnerinnen und Bewohner in diesen Tagen ausmacht.
Berlin, im Oktober 2005
Claudia Honecker, Jörg Sundermeier
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